KOHI-Kulturraum e.V.
21:00
keiner, Testmitgliedschaft
Postrock (A-Wien) Einlass 20h
http://www.kreisky.net/
http://www.youtube.com/watch?v=B45L3hu2OvM
http://www.youtube.com/watch?v=rd97tNthGZk
Es
darf als bekannt vorausgesetzt werden, dass Kreisky eine fantastische,
eine erregende Liveband sind. Kreisky-Konzerte sind Messen aus Lärm,
Lautstärke und Entertainment, aus Giftigkeit und Herzensbildung, aus
Drama und Scheiß-drauf, die noch jeden umgehauen haben. Und als Urmutter
des zur Zeit allseits besungenen Wiener Bandwunders sind sie wohl eine
der stilprägendsten österreichischen Bands überhaupt.
Kreisky haben
der Welt gezeigt, wie man den Wiener Grant umarmt, wie man die
tagtäglichen Abgründe in Lieder gießt, wie man die Dinge ernst nimmt,
sich selbst aber nicht zu sehr.Nach ihrer aufsehenerregenden
Theater-Koproduktion „Viel gut essen“ mit Sibylle Berg und der
Veröffentlichung ihres neuen Studioalbums (VÖ: 16. März 2018) sind
Kreisky ab April 2018 wieder auf Tour. Gut so: Ihren optimalen
Wirkungsgrad erreichen Kreisky nachweislich im Livebetrieb.
Es
hat sich einiges getan, seit KREISKY vor vier Jahren ihr letztes
Studioalbum Blick auf die Alpen veröffentlicht haben. Nicht nur ist Wien
mit dem Defibrillator aus dem popkulturellen Dornröschenschlaf
geschockt worden und produziert nun fast wöchentlich spannende neue
Bands – nicht zu Unrecht gelten KREISKY als eines der role models dieses
neuen Praterfrühlings –, auch die große Welt ist eine andere: Der
schimpfende Mensch, der vielen KREISKY-Songs die Perspektive lieh, ist
vom Querulanten, der sich an der Supermarktkasse über den Joghurtpreis
beschwert, erst zum „Wutbürger“ und dann zum Präsidenten der Vereinigen
Staaten geworden.
KREISKY haben für die geänderte Pop- und Weltlage
zwei saftige Antworten parat. Ihrer viel diskutierten und hymnisch
besprochenen Theaterarbeit Viel gut essen, einer Kollaboration mit der
Autorin Sibylle Berg im Wiener Rabenhof-Theater, folgt jetzt - endlich! -
ihr fünftes, logischerweise bestes und überraschend leichtes Album
Blitz. Eine glatte 11 auf der 10-stufigen Comeback-Skala.
Auf den
ersten Blick mögen Songs wie „Ein braves Pferd“ richtiggehend albern
wirken, aber es war ja schon immer eine der Stärken von Franz Adrian
Wenzls Texten, dass sich darin das Profunde und das Banale sehr nah
sind. Neu ist die Kürze und emotionale Präzision der zehn
selbstproduzierten Stücke. Oft braucht es nur wenige Zeilen um ein
Sittenbild wie „Mon Général“ oder einen Anti-Heimatroman wie
„Saalbach-Hinterglemm“ zu skizzieren und dabei zu wirken, als wäre die
Idee dazu der Band eben erst in den Kopf geschossen.
Das ist kein
Zufall, wie Bassist Gregor Tischberger erklärt: „Wir haben versucht,
einen möglichst kurzen Weg vom Proberaum zur Aufnahme zu schaffen. War
Blick auf die Alpen soundtechnisch eine recht elaborierte Angelegenheit,
über der wir lange im Studio der Wiener Symphoniker gebrütet haben, ist
Blitz in Matthias Kastners Kellerstudio im Wiener Speckgürtel
entstanden. Vom Schreiben einer Nummer bis zur ersten Aufnahme waren es
oft nur wenige Stunden.“ Diese Unmittelbarkeit und Spontaneität, von
Alex Tomann (Bilderbuch, Trouble over Tokyo) im Mix noch potenziert,
hört man Blitz unbedingt an.
Blitz ist übrigens Gregor Tischbergers
letztes Album als Bandmitglied, er wird der Band aber als Satellit und
Klangberater erhalten bleiben. Helmuth Brossmann (Destroyed But Not
Defeated, The Clashinistas), der schon in der Vergangenheit als
Live-Bassist mit der Gruppe aufgetreten ist, wird ab sofort Wenzl,
Gitarrist Martin Max Offenhuber und Schlagzeuger Klaus Mitter
verstärken.
Blitz ist die Essenz von zwölf Jahren KREISKY in
strahlend hellen, energetischen Pop gegossen. Giftig? Ja. Gemein?
Freilich. Fies? Sowieso, sonst wären sie’s nicht. Aber eleganter in den
Methoden und mit viel Glitzerpapier drumherum. Kurz: Blitz ist
herrlicher Wahnsinn und Songs wie “Bauch Bein Po”, “Ein Depp des 20.
Jahrhunderts” oder “Veteranen der vertanen Chance” schreien nach
Weltkulturerbe. Wer sagts der UNESCO?